Vor Jahren war ich mal in der Ukraine im Wagen von Bekannten
unterwegs, als wir von einem Polizisten angehalten wurden, der in der
Mitte der Straße stand und Autos herauswinkte. Allerdings nur die
Modelle, die nach Geld aussahen. Und dann wurde abkassiert. Nicht,
weil wir zu schnell gefahren waren, sondern einfach so, weil er es
konnte. Meine Bekannten regten sich darüber nicht einmal auf, das war
da so üblich.
Bei gewerbsmäßigen Abmahnern läuft es ähnlich. Sie suchen sich Leute
zum Abkassieren aus, nicht weil diese etwas verbrochen hätten,
sondern weil sie es können. Ähnlich wie der korrupte Polizist passen
Abmahnanwälte auch gerne mal die Forderung an die Finanzlage der
Opfer an und prüfen vorher, in was für einer Wohngegend der
Abgemahnte lebt. Das Kalkül: Man verlangt gerade so viel, wie das
Opfer verkraften kann, um ein größeres Trara zu vermeiden.
Ähnlich ist auch, dass hier Leute mit einem rechtlichen Sonderstatus
am Werk sind. Zwar gehören Anwälte nicht zur Staatsgewalt, aber sie
genießen besondere Rechte, etwa das Recht, jemanden vor Gericht zu
vertreten oder problemlos Rechtsauskünfte zu geben. Natürlich haben
sie auch besondere Pflichten, etwa die Schweigepflicht. Diese
"Pflicht" ist für Abmahnanwälte aber eher ein nützliches Sonderrecht,
das ihnen gestattet, über betrügerische Aktivitäten ihrer Mandanten
keine Auskunft geben zu müssen. Das ist praktisch, denn so ist eine
etwaige Komplizenschaft nicht nachweisbar.
Man sollte meinen, dass angesichts der Korruptionsstrukturen, die
durch die Pornoabmahnwelle offenbar werden, ein Aufschrei durch die
Presse ginge. Aber einzig IT-Fachmagazine wie heise interessieren sich für die
Details, die keinen anderen Schluss zulassen als den, dass die
Abmahner ein gewaltiges krummes Ding gedreht und die Abgemahnten
reingelegt haben. Doch selbst bei golem.de wird bei solchen Details
ganz schnell der Hinweis hinzugefügt, dass die Vorwürfe gegen die
Abmahner "nicht bewiesen" seien. Die Behauptungen der Abmahnanwälte,
die Abgemahnten hätten eine Straftat begangen, werden dagegen ohne
solche Hinweise verbreitet. Es besteht die Tendenz, dass die Medien
sich artig als Sprachrohr der Abmahner benutzen lassen und Angst
verbreiten, aber den Schwanz einkneifen, wenn es darum geht, illegale
Machenschaften der Abmahner aufzudecken.
Und die Politik? Naja, was soll man da erwarten. Die interessiert
sich seit Jahren für Bürgerrechte nur dann, wenn es darum geht, diese
zu beschneiden. Man muss schon froh sein, dass Ursula vdL nicht wie
angedroht Internetministerin geworden ist. Der wäre zu der
Abmahnbetrugswelle gewiss sofort etwas eingefallen, nämlich dass
Pornogucken sowieso bäh sei und man das schnellstens verbieten müsse.
Was nun die Anwälte betrifft, die die Abgemahnten verteidigen wollen, so mischen auch diese beim Geschäft mit der Angst tüchtig mit. Hierzu empfehle ich wärmstens den Artikel der Rechtsanwältin Anja M. Neubauer:
Das Geschäft mit der Angst – mit einer “großen Lüge” und unter Auspielung eines überforderten Gerichtssystems kann man leicht Millionen machen!
Update 17.12.2013: Mittlerweile wachen sie doch auf und berichten darüber, wie die Abgemahnten ohne ihr Zutun auf die Seiten umgeleitet wurden: Focus, Welt, Computerbild. Allerdings wird weiterhin kolportiert, es sei "nicht klar", wie die IP-Adressen gesammelt wurden. Klar ist das schon, es ist nur schwierig, zu beweisen, dass etwa die Fakedomains wie retdube.net, auf die umgeleitet wurde, von den IP-Sammlern selbst angelegt wurden. Da diese aber unmittelbar vor der Abmahnaktion eingerichtet wurden, muss man schon mit dem Klammerbeutel gepudert worden sein, um zu glauben, dass diese rein zufällig von einem unbekannten Dritten angelegt wurden und rein zufällig auf die Clips umleiteten, für die dann abgemahnt wurde. Trotzdem bleibt die "Welt" ängstlich und beschönigt die Megaverlade als "rechtlich zumindest fragwürdiges Vorgehen".
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